Die Ausgangssituation, dieses Programm zu machen, war, dass ich nach mehreren musikalisch / toneurythmischen Projekten mich verstärkt mit Sprache/Lauteurythmie auseinandersetzen wollte.
Außerdem wollte ich ein Programm für ein Lyrik- interessiertes Publikum gestalten, aufzuführen in kleinen Räumen mit möglichst einfachen Mitteln. Ich stieß auf ein Gedicht von Ingeborg Bachmann, dessen letzte Zeile lautet:
„Doch das Lied überm Staub danach
wird uns übersteigen.“
Mit dieser Aussage wollte ich mich verbinden, daran wollte ich andere Textstellen und Musik knüpfen. Bald stellte ich fest, dass dieses Gedicht das letzte von fünfzehn Gedichten war,die einen Zyklus unter dem Titel „Lieder auf der Flucht“ bilden.
Ab jetzt hatte ich es mit dem ganzen Zyklus zu tun, mit mehr oder weniger spröden, herausragenden und verschlüsselten Gedichten und erkannte eine Entwicklung, die in der Aussage des letzten Gedichtes gipfelt.
Der Vulkan außen wird Ingeborg Bachmann zum Bild für den inneren Vulkan, einer Kraft, die wir nicht immer im Griff haben. Das Tauen draußen wird zum Bild des seelischen Auftauens. Das Lied, die Spur des Menschen, die Schöpferkraft, wird weitergehen und uns übersteigen.
Die Musik ist direkt in diesen Entwicklungsgang hineinkomponiert und während des Probenprozeßes geschrieben.
Ich habe die Gedichte natürlich aus meinem ganz persönlichen Blickwinkel und biographischem Hintergrund betrachtet, bestimmte andere Aspekte, die es wert wären, hervorgehoben zu werden, blieben unbeleuchtet.
Es war neu, die Bewegung nicht nur in den Dienst eines Gedichtes oder Musikstückes zu stellen, sondern ganz individuell etwas damit sagen zu wollen. Damit ist nicht gemeint, sich selbst darzustellen, sondern, mit der Bewegung zu sprechen.
Das führte auch zu der Entscheidung, im Wechsel meine eigene Sprech-Stimme zu benutzen.
Die Performance konzipierten wir in Teamarbeit mit Live-musik, einer Frauen-, einer Männerstimme, Eurythmie und Licht.
Später wählte ich ein weißes Kleid für die Performance.
Die Voraufführung 2002 während der Basler Eurythmiemesse erhielt, gemeinsam mit Melaine MacDonald, den Publikumspreis.
Eingeladen im November 2003 zu den Eurythmie-Begegnungen in Dornach, einer Initiative von Werner Barfod.
Die Komposition (Sonata Nr. 3, Opus 105) findet sich auf
der CD
Selected Works I von Carlo Domeniconi.
Hommage an Ingeborg Bachmann
Lieder auf der Flucht
Ein Zyklus von fünzehn Gedichten von Ingeborg Bachmann
Kompositionen von Carlo Domeniconi
Eurythmie und Sprache: Birgit Hering
Sprache: Stefan Lenz
Gitarre: Il-Ryun Chung
Kostüme: Rob Barendsma
Licht und Bühne: Silke Kruse / Prometheus Lighting
Dramaturgie: Hans Paul Fiechter
Mit herzlichem Dank an Jobst Langhans (Endregie),
Werner Barfod und Michael de Roo.
Das Programm wurde auch kombiniert mit:
Lyrik von Sappho, mit Musik von Carlo Domeniconi
Birgit Hering, Sprache
Il-Ryun Chung, Gitarre
sowie:
Etüden neuer Spieltechniken für Gitarre (1999)
Komponist und Interpret: Il-Ryun Chung
Download:
Flyer / Programm (JPG)
Presse-Artikel (JPG)
„Vereiste Liebesflammen“ von Sebastian Jüngel,
Das Goetheanum, November 2003.